Das Qualitäts- und Prozessmanagement ist im Berufsfeld der Amtlichen Vermessung von zentraler Bedeutung. Grenzmutationen als Bestandteil der laufenden Nachführung sind dabei eine wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe. Sie werden im städtischen Raum zunehmend komplexer, aufwändiger und anspruchsvoller. Zu deren Erarbeitung sind definierte Abläufe nötig, welche im Idealfall als Prozesse abbildbar, in einem systematischen Qualitätsmanagement (beispielsweise ISO 9001:2015) implementierbar und hinsichtlich Effizienz und Effektivität stetig optimierbar sind. Solche Prozesse aktuell zu halten, ist eine nicht zu unterschätzende Führungsaufgabe des sogenannten «Prozessowners».
Der vorliegende Artikel bietet einen Überblick über das Vorgehen im Rahmen der Projektarbeit Prozessanalyse Grenzmutationen, welche zur Erlangung des Titels Geomatiktechniker FA erarbeitet wurde. Die Aufgabenstellung wurde vom Unternehmen Jermann Ingenieure + Geometer AG initialisiert.
Einleitung / Ausgangslage
„Nichts ist so beständig wie der Wandel“. Dieses Zitat vom griechischen Philosophen Heraklit passt zur Thematik. Die Gründe, welche zu kontinuierlichen Prozessverbesserungen führen, können mannigfaltig sein. Der Anstoss für eine Prozessoptimierung kommt in der Regel von einer vorgesetzten Stelle und somit von «top down». Es ist wesentlich, dass der Wille zur Prozessoptimierung vom Kader vorgelebt wird. Um optimale Lösungen zu erreichen, muss aber dem Einbezug der firmeninternen Akteure aller Stufen, welche als Prozessanwender direkt betroffen sind, das nötige Gewicht und Gehör geschenkt werden («bottom up»). Damit wird sichergestellt, dass die Prozessoptimierungen auch von den Anwendern akzeptiert und angewendet werden.
Als Grundstein / Fundament für eine spätere Prozessverbesserung ist die Durchführung einer Prozessanalyse zweckmässig und sinnvoll. Dabei spielen Faktoren wie die Unternehmensgrösse, Häufigkeit der Anwendung im beruflichen Alltag und das Prozessumfeld mitunter eine Rolle.
Die Prozessanalyse hatte zum Ziel, Schwachstellen aufzudecken und Stärken zu bestätigen und daraus den Handlungsbedarf für Verbesserungen zu konkretisieren sowie Ideen und Lösungen aufzuzeigen. Unabdingbar für die spätere Prozessverbesserung war es, Entscheidungsgrundlagen zu erarbeiten, den Status Quo zu untersuchen und bedarfsgerecht zu dokumentieren.
Umsetzung der Prozessanalyse in Teilschritten
Grundlagen und Abhängigkeiten
Das Zusammentragen der gesetzlichen Grundlagen und Schranken auf Stufe Bund und Kanton war dabei unabdingbar und stellt den äusseren Teil der Rahmenbedingungen dar. Der innere Teil beinhaltet die Aspekte der internen Datenflüsse, die verwendete Software sowie das zugehörige Controlling.
Sich die Übersicht über die vorhandenen Dokumente im Prozess Grenzmutationen zu verschaffen, den Status Quo zu sichten und eine komplette Auslegeordnung der bestehenden Prozessdokumen-tation zu gewinnen, war eine langwierige Fleissaufgabe. Doch durch das Studium dieser Dokumente konnten erste wichtige Erkenntnisse gewonnen werden. Überflüssige, fehlende, nicht dokumentierte oder nicht nachgeführte Prozessteile sowie Controlling-Lücken wurden an dieser Stelle erstmalig aufgedeckt.
Informationsbeschaffung
Die Informationsbeschaffung erfolgte in zwei Etappen mithilfe einer Mitarbeiterumfrage und Interviews. Mittels der Mitarbeiterumfrage konnten Erfahrungen, Ansichten, Meinungen und weiterführende Informationen gesammelt und ausgewertet werden. Daraus liess sich eine Quintessenz herleiten; im konkreten Fall die Uneinheitlichkeit im fachtechnischen Ablauf (Technischer Ablauf, „1 Firma = 1 Produkt in gleicher Qualität“, Firmenansprüche, Effizienzsteigerungen), welche die Stossrichtung für die weiteren Arbeiten vorgab. Ergänzend wurden im Anschluss mit ausgewählten Fachpersonen Interviews durchgeführt, um die eruierten Problemthemen zu erörtern und zu vertiefen, mögliche konkrete Gegenmassnahmen abzuklären und teils übergeordnete Themen (Symptom ist nicht gleich Ursache) zu diskutieren. Dokumentiert wurden die Ergebnisse aus der Datenbeschaffung mit einer SWOT-Analyse.
Ideenbeschreibung, Priorisierung der Ideen
Mit den Resultaten aus der Datenbeschaffung war die Basis gelegt, um Ideen für eine Prozess-optimierung zu definieren, zu beschreiben und explizit zu konkretisieren. Aus diesem Sammelsurium von Ideen ergaben sich zehn gruppierte Ideen. Neben der detaillierten Beschreibung jeder Idee wurden auch konkrete Massnahmen vorgeschlagen. Die Priorisierung der Ideen erfolgte letztlich nach subjektiven Gesichtspunkten, welche aber mit der Paarvergleichsmethode objektiviert wurden.
Die Einschätzung der technischen Machbarkeit der Vorschläge liegt in einer Bandbreite von einfach bis komplex; jene der ökonomischen Wirkung liegt in einer Bandbreite von mässig bis erheblich. Die zeitliche Wirkung der Massnahmen variiert zwischen sofort bis langfristig. Welche Kriterien für die Priorisierung der Ideen schliesslich am höchsten zu gewichten sind, ist in der Regel ein Führungsentscheid; dabei ist wichtig, dass den Entscheidungsträgern auch eine echte Wahl von valablen Varianten zur Verfügung gestellt wird. Dies hält den Handlungsspielraum offen, um flexibel in einem grösseren firmenspezifischen Kontext zu agieren.
Konzept
Quasi als Produkt der Prozessanalyse und im Sinne einer Diskussionsgrundlage wurde ein Konzept ausgearbeitet mit dem Ziel, dem Leser/der Leserin einen Überblick über die erlangten Erkenntnisse zu verschaffen. Der Geschäftsbereichsleitung diente dieses als Management-Summary. Sequenzen aus den Interviews fanden darin als wörtliche Zitate Eingang.
Weitere prozessrelevante Aspekte
Es gibt Aspekte, welche nur am Rande fachspezifisch prozessrelevant sind, aber teilweise grosse Auswirkungen auf die Prozessabwicklung der Grenzmutationen haben können. Meistens handelt es sich dabei um Softfaktoren im Bereich der Führungs- und Firmenkultur, welche nicht zu unterschätzen sind. Die Effizienz des Prozesses ist nicht nur von der technischen Ausführung und Ausgestaltung abhängig. Diese Aspekte zeigten sich konkret bei der Datenbeschaffung. Als Beispiel können die personellen Schnittstellen sowie Informationsverluste bei Besprechungen und Arbeitsübergaben genannt werden. Auch Themen wie beispielsweise Führungsaspekte und Organisationsfragen wurden in diesem Kontext angesprochen. Es würde sich lohnen, diese «Nebenaspekte» künftig noch vertieft zu betrachten, um ergänzende Einsichten zu gewinnen und das gewonnene Gesamtbild abzurunden.
Persönliches Fazit
Die gesammelten Erfahrungen schätze ich als wertvoll ein. Das Lösen der unterschiedlich gelagerten Knacknüsse war herausfordernd und nicht alltäglich. Mein Wissen während der Projektbearbeitung einzubringen, zu vertiefen und neues Rüstzeug zu erlangen war ein spannender und intensiver Lernprozess. Mit den erzielten Resultaten und dem erstellten Konzept ist die Basis geschaffen, um weitere Schritte zu planen und die Prozessverbesserung unter Einbezug eines Projektteams vorantreiben zu können.
Das Ziel dieser Prozessverbesserungen ist es, die Aspekte Qualität, Service und Innovation (als zentrale Werte der Jermann Ingenieure + Geometer AG) ins Zentrum zu rücken unter Berücksichtigung einer optimalen Ökonomie.