Einleitung
Aufgrund ihres Einflusses auf die LNW (landwirtschaftliche Nutzflächen) und die Direktzahlungen, die sich daraus für die Landwirte ergeben, kommt den Waldgrenzen eine grössere Bedeutung zu, als man zunächst vermuten würde. Diese Grenzen können sich mehr oder weniger stark verschieben, je nachdem, wie sie gepflegt werden. Deshalb ist es wichtig, sie immer wieder zu aktualisieren.Bei einer Neuvermessung werden die Waldgrenzen in den meisten Fällen durch trigonometrische Messungen, 2 Meter vom Stamm entfernt, erfasst. Wenn alle Grenzen regelmässig und für eine ganze Gemeinde aktualisiert werden sollen, nimmt diese Vermessungsmethode natürlich sehr viel Zeit in Anspruch. Deshalb wurden für die Erfassung der Waldgrenzen andere Methoden geprüft, bei denen Echtfarben- und Falschfarbinfrarot-Orthofotos, digitale Terrainmodelle oder auch LIDAR-Punktwolken verwendet werden. Meine Diplomarbeit befasst sich mit der Prüfung dieser Daten und der Möglichkeit, diese bei der Erneuerung der LWN anstelle der trigonometrischen Messungen zu verwenden.
Die überwachte Klassifizierung (Methode 1)
Die erste geprüfte Methode zur Erfassung der Waldgrenzen besteht in der überwachten Klassifizierung – ausgehend von Echtfarben-Orthofotos (Abb. 1a). Bei dieser Methode werden verschiedene Objektklassen mithilfe von Trainingsgebieten bestimmt. Danach kann das Programm die Klassifizierung auf das gesamte Raster ausweiten, indem es die Pixelstruktur prüft (Abb. 1b). Es wurden mehrere Klassifizierungstests durchgeführt und die besten Ergebnisse wurden mit folgender Klassifizierung erzielt: Wälder, Ackerflächen, geschnittene Flächen, eingesäte Kulturen, Weideland, Gebäude, befestigte Flächen, Schattierungen und andere Oberflächen (Gewässer, Schnee usw.). Um gute Ergebnisse zu erzielen, mussten die landwirtschaftlichen Flächen noch genauer klassifiziert werden, denn diese Flächen werden, je nachdem, wie sie genutzt werden, ganz unterschiedlich dargestellt. Es musste auch eine Klasse für die Schattierungen erfasst werden, denn, wenn es keine solche Klasse gibt, klassifiziert das verwendete Programm (ArcGIS) den Schatten, den der Wald wirft, als Wald. Die so geschaffene Klassifizierung wurde dann neu klassifiziert, um nur noch zwei Klassen zu haben (Wälder und andere). Danach wurde sie in Polygone umgewandelt (Abb. 1c), sortiert, um nur noch die Waldpolygone zu haben, aggregiert und schliesslich vereinfacht. Das Endprodukt (Abb. 1d) sind dann Waldpolygone. Der Vorteil dieser Methode besteht darin, dass eine Signaturdatei erstellt wird, die beliebig oft wiederverwendet werden kann. Bei der Schattenklassifizierung kann es jedoch sein, dass ein paar Korrekturen manuell vorgenommen werden müssen.
Die Berechnung des NDVI (Methode 2)
Die zweite geprüfte Methode besteht darin, den Wald mit dem NDVI zu bestimmen. Der NDVI, «Normalized Difference Vegetation Index» oder normalisierter differenzierter Vegetationsindex, kann mit Falschfarbinfrarot-Orthofotos berechnet werden (Abb. 2a). Mit diesem Index sollen die pflanzliche Biomasse und die Intensität der Fotosynthese beurteilt werden. Es kann also festgestellt werden, ob sich die Vegetation in einem guten oder schlechten Gesundheitszustand befindet. Der Index arbeitet mit den Besonderheiten der Vegetation (niedrige Werte im roten Bereich, der bei der Fotosynthese absorbiert wird, und hohe Werte im Infrarotbereich). Theoretisch können die Werte zwischen -1 und +1 schwanken. In der Praxis liegen sie aber eher zwischen -0,5 und +0,8. Bei den typischen Werten stellt man eine geringe Aktivität der Vegetation fest, wenn der Wert zwischen 0 und +0,2 liegt, eine mittlere Aktivität bei einem Wert zwischen +0,2 und +0,4 und eine starke Aktivität bei einem Wert über +0,4. Nach der Berechnung (Abb. 2b) wurden die Pixel mit einem Wert unter +0,4 ausgeklammert. Die restlichen Pixel wurden nach der Methode der natürlichen Unstetigkeiten (Jenks) neu klassifiziert. Das Ziel und gleichzeitig auch die Schwierigkeit dieser Methode bestand darin, die für den Wald typischen NDVI-Werte gezielt auszuwählen, ohne dabei eine minimale «Pixelverschmutzung» aufgrund anderer Pflanzen (Gräser, Kulturen usw.) ausser Acht zu lassen. Danach wurden die hervorgehobenen Waldpixel (Abb. 2c) gleichbehandelt wie bei der überwachten Klassifizierung, um Polygone (Abb. 2d) als Endprodukt vorliegen zu haben. Auch diese Methode funktioniert. Das gezielte Selektieren der für den Wald typischen Werte ist aber mit mehr Aufwand verbunden. Ausserdem haben unterschiedliche Waldabschnitte nicht unbedingt den gleichen NDVI. Das bedingt, dass die Suche nach den Kennwerten jedes Mal aufs Neue durchgeführt werden muss. Deshalb ist es sinnvoll, sie auf ein kleines Gebiet zu beschränken. Der Hauptvorteil dieser Methode besteht in der Nutzung des Nahinfrarotbands des Orthofotos, das eng mit der Vegetation verbunden ist.
Die Berechnung eines DHM (Methode 3)
Bei der letzten geprüften Methode (Abb. 3a) wurde ein digitales Höhenmodell (DHM) verwendet, das durch Subtraktion eines digitalen Oberflächenmodells (DOM) von einem digitalen Terrainmodell (DTM) erstellt werden kann. Wenn ein Unterschied zwischen dem DOM und dem DTM besteht, sind die in einem DHM (Abb. 3b) dargestellten Objekte hauptsächlich Wälder und Gebäude. Anschliessend wurde eine Neuklassifizierung mit einer Mindesthöhe von 2 Metern vorgenommen, damit die kleinen Bäume mitberücksichtigt werden. Die gleichen Schritte (Umwandlung in Polygone, Aggregation, Vereinfachung usw.) wurden auch zur Erstellung von Waldpolygonen durchgeführt (Abb. 3c). Diese ist die einfachste der drei geprüften Methoden. Es kann jedoch sein, dass eine Reihe von Korrekturen manuell vorgenommen werden müssen, denn das DHM hebt, wie bereits ausgeführt, sowohl die Wälder als auch die Gebäude hervor. Das hat zur Folge, dass bestimmte Gebäude (grösser als 800 m², je nachdem, welche Parameter man ansetzt) trotz Aggregation noch immer sichtbar sind und deshalb manuell entfernt werden müssen. Ausserdem fallen die Anschaffungskosten bei den DOM und DTM, die aus LIDAR-Flügen entstanden sind, höher aus.
Auswertung der Ergebnisse
Zur Vergleichbarkeit der Ergebnisse wurden die drei oben beschriebenen Methoden im selben Gebiet geprüft. Es handelt sich um einen ungefähr 200 Hektar grossen Wald im Gemeindegebiet von Le Châtelard im Kanton Freiburg. Die Wahl fiel auf diese Gemeinde, weil sie eine grosse Waldfläche besitzt und dort kürzlich eine Vermessung durchgeführt wurde. Die ermittelten Waldgrenzen wurden mit denen der Datenbank der amtlichen Vermessung verglichen: Die mittels der beschriebenen Methoden berechneten Flächen waren bei den insgesamt 200 000 m² um ungefähr 10 000 m² grösser (+5%). Ausserdem lag die mittlere Abweichung je nach geprüfter Methode zwischen 4,5 m und 5,5 m. Dieser Unterschied überrascht nicht, denn der Rand des Schirms, der auf den Orthofotos oder im DHM sichtbar ist, bildet die Waldgrenzen und nicht die 2 Meter Entfernung vom Stamm, die normalerweise in der Vermessung üblich sind. Die Waldflächen sind also gezwungenermassen grösser.
Schlussfolgerungen
Die drei geprüften Methoden halten sich mehr oder weniger die Waage: Jede von ihnen hat ihre Vor- und Nachteile und die erzielten Ergebnisse sind mehr oder weniger ähnlich. Die finanziellen Auswirkungen der grösser gewordenen Waldfläche und des damit verbundenen Verlusts von LNW auf die Direktzahlungen sind für die betroffenen Landwirte mit Grundstücken an der Waldgrenze vergleichsweise unbedeutend. Die erzielten Ergebnisse könnten jedoch noch verbessert werden, um den Kriterien im Bereich Aufnahmen für die amtliche Vermessung noch besser zu entsprechen. Mit einem negativen «Puffer» könnte z. B. die Flächen- und Abstandsabweichung verringert werden. Die Verwendung von Orthofotos (oder eines DHM) im Rahmen der Erneuerung der LWN scheint jedoch durchaus möglich und praktikabel zu sein.
Corentin Jung
Route du Plattiez 3
1670 Ursy
079 733 74 55
corentin.jung@hotmail.com