Sicherstellung der dinglichen Rechte, Messfehler und Korrekturprozess

Fehler oder Widerspruch? Diese Frage stand bei den Forschungen im Rahmen der Diplomarbeit, die der Qualitätskommission vorgelegt wird, im Mittelpunkt. 

Bevor wir uns den komplexen rechtlichen Aspekten widmen, befassen wir uns zunächst mit der Frage, wie es in der amtlichen Vermessung überhaupt zu Fehlern kommen kann. Im Rahmen unserer beruflichen Tätigkeit werden Ersterhebungen oder Nachführungen nach den Regeln der Kunst durchgeführt. Es gilt dabei zu beachten, dass die Grösse des Grundstücks in einem zweiten Schritt im Büro behandelt wird. Eine unsachgemässe Auswertung der Daten, die analog oder digital sein können, kann den Prozess erschweren. Die heutige Datenbearbeitung ist zweifelsohne fortschrittlicher als die einfacheren Berechnungen von früher. Andere Fälle können den Übergang zwischen der amtlichen Vermessung mit der Erstellung des definitiven Grundbuches (aus Ersterhebung) und der früheren Rechtslage betreffen, die in der neuen Form nicht berücksichtigt wurde. Dadurch entsteht ein Widerspruch zwischen dem Grundstück und dem Plan. Auch die Erhebung innerhalb eines Ortskerns kann aufgrund der oft sehr unregelmässigen Abgrenzung durch Mischmauern zu Unsicherheiten führen. Die Vorgehensweise ist zwar anders als im vorhergehenden Fall, aber es kann auch hier vorkommen, dass bei der Festlegung der Geometrie der Grundstücke am Bildschirm die Grenzpunkte falsch miteinander verbunden werden. Im Allgemeinen führen die immer kürzeren Fristen und die Notwendigkeit der Kostendämpfung dazu, dass der Arbeitsalltag immer hektischer und noch komplexer wird. Dank dem Einsatz von immer leistungsfähigeren Informatiksystemen können die Fälle gesenkt werden. Ausserdem tragen eine kritische Betrachtung der numerischen Werte und des grafischen Ergebnisses sowie die Überprüfung der ausgeführten Arbeiten nach dem Vieraugenprinzip dazu bei, dass viele Probleme erst gar nicht auftreten. 

Die Ausführung von Arbeiten der amtlichen Vermessung ist an strenge Auflagen geknüpft und der Auftrag, mit dem der Ingenieur-Geometer betraut wird, bringt eine doppelte Verantwortung mit sich (Art. 41 GeolG). Als öffentlicher Beamte muss der Ingenieur-Geometer die ordnungsgemässe Verrichtung der Arbeiten im Bereich der AV sicherstellen (Art. 61 OR). Gleichzeitig haftet er bei der Führung eines privaten Büros (Art. 41 und Art. 398 OR) für die Ausführung der ihm übertragenen Arbeit gemäss den öffentlichen und/oder privaten Leistungsvereinbarungen. In beiden Fällen kann er zur Verantwortung gezogen werden, unter Voraussetzung der 10-jährigen Verjährung vom Zeitpunkt der Ablieferung des Arbeitserzeugnisses an gerechnet (Art. 60 OR). 

In unserem Rechtsstaat ist die «Eigentumsgarantie» in Art. 26 der Bundesverfassung verankert. Sie bildet das Fundament für alle Gesetze, die bei der Sicherstellung der dinglichen Rechte Anwendung finden. Ein weiterer wichtiger Artikel, der kürzlich in die BV aufgenommen wurde, ist Art. 75a «Vermessung», der die Aufgabe des Bundes bei der Verwaltung der Landesvermessung festlegt. Auf diesem Artikel baut das Bundesgesetz über Geoinformation (GeoIG) auf, das in Art. 29 «Aufgabe» der amtlichen Vermessung die Aufgabe überträgt, die Verfügbarkeit der eigentümerverbindlichen Georeferenzdaten und der beschreibenden Informationen der Grundstücke sicherzustellen. Art. 14a «Behebung von Widersprüchen» und die Art. 28, 29 und 42 der Verordnung über die amtliche Vermessung (VAV) befassen sich unter anderem mit dem Thema Einsprachen. 

Probleme im Zusammenhang mit dem Widerspruch zwischen dem Grundstück und dem Plan (Art. 668 ZGB) können sowohl die Grundstücksbeschreibung als auch die Liegenschaften betreffen. Ein weiterer Aspekt, den es zu beachten gilt, ist der Unterschied zwischen der Grundstücksfläche und den Planangaben. In einem solchen Fall können die genannten Bezugselemente in einem Zivilrechtsverfahren nicht verwendet werden, weil die Grundstücksfläche kein absoluter Wert ist, sondern sich aus der Position der Grenzpunkte ergibt.Wenn der Geometer Abweichungen feststellt, die die Grenzen eines Grundstücks oder dessen Beschreibung betreffen, oder wenn er davon in Kenntnis gesetzt wird, muss er Abhilfemassnahmen ergreifen. Er darf das aber nicht im Alleingang tun, sondern in enger Zusammenarbeit mit der kantonalen Vermessungsaufsicht. Er darf erst nach Erhalt der Bestätigung durch die Vermessungsaufsicht die notwendigen Dokumente erstellen. Im Rahmen der Forschungsarbeit wurden insgesamt fünf unterschiedliche Gegebenheiten dargelegt. Als Ausgangspunkt kommt infrage: das einfachste Verfahren, bei dem die beschreibenden Elemente korrigiert werden, das Verfahren, dem eine einvernehmliche Entscheidung zugrunde liegt, ein einfaches Verwaltungsverfahren, ein Verwaltungsverfahren mit Einsprache oder der komplizierteste Verwaltungsweg, bei dem ein Richter beigezogen wird. 

Wenn Widersprüche vorliegen, könnte die Auseinandersetzung zwischen den betroffenen Eigentümern in einen heftigen Grenzstreit münden. Die Lage wird zusätzlich verschärft, wenn es aus verschiedenen Gründen bereits einmal Unstimmigkeiten zwischen den Parteien gab. An dieser Stelle muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass der Stand des Plans seit einiger Zeit nicht immer konsequent nachgeführt wird. Vielleicht haben die Grundstücke bereits einmal den Eigentümer gewechselt. Deshalb kann es sein, dass nicht alle Beteiligten über den Hintergrund ihres dinglichen Rechts informiert sind. Wenn klar und umfassend informiert wird, lassen sich diese Widerspruchsverfahren im Allgemeinen erledigen, ohne dass es zu neuen Streitigkeiten kommt. Zur Veranschaulichung eines solchen Verfahrens werden wir nun das einfache Verwaltungsverfahren (dritter Fall) etwas näher betrachten. Wie bereits weiter oben ausgeführt, muss der Geometer, nachdem er einen Widerspruch festgestellt und sich mit der Vermessungsaufsicht in Verbindung gesetzt hat, einen ersten Bericht erstellen, um den Fall zu dokumentieren. Daraufhin wird dann auch die Vermessungsaufsicht einen Bericht verfassen, damit der Geometer den beteiligten Parteien offiziell die Lösung mitteilen kann, die für den betreffenden Fall infrage kommt. Können sich die Eigentümer nicht auf die einvernehmliche Lösung einigen, werden sie den Verwaltungsweg einschlagen. Dieser sieht die öffentliche Auflage des Mutationsplans vor. Der Plan liegt während 30 Tagen in der Gemeindekanzlei auf. Letztere muss die Veröffentlichung im Amtsblatt vornehmen sowie den Grundbuchverwalter und alle betroffenen Eigentümer benachrichtigen. In diesem Zusammenhang müssen noch zwei weitere Aspekte beachtet werden. Der Erste betrifft mögliche Änderungen der Dienstbarkeiten zwischen den Grundstücken und der Zweite mögliche Hypotheken auf das Eigentum. Wurden bis zum Abschluss der öffentlichen Auflage keine Einsprachen erhoben, veranlasst der Geometer mit entsprechendem Antrag, dass der Mutationsplan und mögliche weitere Pläne betreffend die Bereinigung der Dienstbarkeiten ins Grundbuch eingetragen werden. Ausserdem muss er die Eigentümer, die einen Schuldbrief besitzen, per Einschreiben darauf hinweisen, dass der Schuldbrief beim Grundbuchamt eingereicht werden muss, damit die Eintragung abgeschlossen werden kann (Art. 135 GBV). Nach diesem wichtigen Schritt erstellt der Geometer eine Spesenabrechnung und reicht sie dem kantonalen Vermessungsamt ein, damit dieses eine Regressklage gegen die Person einreichen kann, die den Widerspruch verursacht hat. Die dinglichen Rechte sind nun wiederhergestellt und das Verfahren ist somit abgeschlossen. 

Fälle von Widersprüchen kommen im Berufsalltag selten vor. Die Forschungen, die im Rahmen dieser Diplomarbeit angestellt wurden, haben es mir jedoch ermöglicht, die gegenwärtige Situation der amtlichen Vermessung besser zu verstehen und ihr die richtige Bedeutung beizumessen. 

Cesare Sisini
Geomatiktechniker mit EFA
Ing. Patricio Calderari
Postfach 45
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