Optimierung des Meldewesenprozesses von der Baubewilligung bis zur laufenden Nachführung

Ausgangslage

Es treten immer wieder Schwierigkeiten im Meldewesenprozess zwischen der Gemeinde und dem Ingenieurbüro auf. Der Meldewesenprozess umfasst ein Bauprojekt von der Baubewilligung bis zur laufenden Nachführung der amtlichen Vermessung und den Werkkataster.

Für die Gemeinde sind die einzelnen bereits erledigten Schritte Seitens Ingenieurbüros häufig nicht transparent genug. Über viele erledigte Arbeitsschritte erhält die Gemeinde keinen aktuellen Status. Wird die Meldepflicht durch den Bauherrn oder den Unternehmer nicht wahrgenommen, führt dies zu Lücken im gesamten Prozess, was sich letztlich auf die Qualität der Arbeiten auswirken kann. Die Gemeinde soll auf dem aktuellsten Stand des laufenden Nachführungsprozesses und über die durch das Ingenieurbüro bereits erledigten Arbeiten bleiben. Damit erhielte die Gemeinde die Möglichkeit, Verstösse gegen das Meldewesen frühzeitig zu erkennen.

Projektziel

Die Zusammenarbeit zwischen dem Ingenieurbüro und der Gemeinde soll in Zukunft vertieft werden. Die Gemeinde soll vermehrt über den Stand der Arbeiten Bescheid wissen und aktiv in den Prozess eingebunden werden. So erhält die Gemeinde einfacher die Möglichkeit zu intervenieren, wenn zum Beispiel bei einem Bauprojekt keine Schnurgerüstkontrolle durchgeführt wurde.

Die gesuchte Lösung soll für das Ingenieurbüro eine einfache Übersicht über den laufenden Prozess eines Bauprojektes und über die noch offenen Tätigkeiten entstehen. Sie sollte auch als Controllinginstrument für die Geschäftsleitung dienen.

Beteiligte Geschäftsprozesse

Der Bereich Geomatik ist in vier Gebiete unterteilt. Davon sind drei für den Meldeprozess relevant. Sie umfassen unsere Hauptarbeiten. Die folgenden Geschäftsprozesse sind zu koordinieren:

Abbildung: Zu koordinierende Geschäftsprozesse

Schwachstellen im bisherigen Betrieb

Bauvermessung

Bei Schnurgerüsten ist vielfach das Problem, dass das Ingenieurbüro von den meisten Gemeinden nur eine Baubewilligung mit einem Situationsplan erhält. Allfällige Projektänderungen werden nur dürftig mitgeteilt. Zum Teil ist es schwierig, ohne weitere bewilligte Pläne, ein Schnurgerüst sauber vorzubereiten. In der Regel erhält das Ingenieurbüro die Grundlage für die Vorbereitung direkt vom Architekten oder vom Bauherrn. Wurde am Grundriss einer Baute etwas verändert, verursachen die Abklärungen bei der Gemeinde und beim Bauherrn einen grossen Aufwand auf Seite des Ingenieurbüros, da Projektänderungen von der Gemeinde oft nicht mitgeteilt werden.

Werkleitungen

Da oftmals die Werkleitungen nicht in einer Etappe erstellt und eingemessen werden, ist nach der Aufnahme schwer ersichtlich, wie der Stand der bereits aufgenommenen Medien ist.

Die Nachführung im Werkkataster erfolgt oft erst, wenn alle realisierten Werkleitungen aufgenommen wurden. Dies kann bis zu einem Jahr nach der Erstaufnahme sein. Dies ist deutlich zu spät. Der WebGIS-Upload des Werkleitungskatasters wird zudem nur halbjährlich händisch durchgeführt, was zwar vertraglich so abgemacht ist, jedoch für ein Controlling deutlich zu wenig ist.

Vielfach werden bei Gebäudemutationen die noch fehlenden Werkleitungen aufgenommen (Dachwasser, Rinnen etc.). Einige Feldoperateure nehmen, um auf Nummer sicher zu gehen, systematisch alle sichtbaren Werkleitungen nochmals auf. Um diese Doppelspurigkeit abzubauen, ist es wichtig, dass die Werkleitungen laufend und unmittelbar nach der Erhebung im Feld im Werkkataster nachgeführt und im WebGIS publiziert werden.

Ein weiteres Problem ist die oftmals mangelhafte Meldedisziplin der involvierten Handwerker und Bauleiter. So kann es vorkommen, dass bis zum Abschluss aller Bautätigkeiten keine Aufnahme der Werkleitungen erfolgte. Bei Werkleitungsbauten, die nicht im Rahmen einer Baubewilligung erfolgten, können Mängel auch erst nach Jahren entdeckt und nur noch mit viel Aufwand behoben werden.

Laufende Nachführung der amtlichen Vermessung

Für die Gebäudemutationen wird das Ingenieurbüro leider von der Gemeinde nicht über die Bauvollendung informiert. Wird ein Gebäude neu geschätzt, erhält das Ingenieurbüro periodisch eine Meldung von der Gebäudeversicherung. Über die nicht versicherten Bauten und Anlagen, welche der Aufnahme in die amtliche Vermessung unterliegen, erhält das Ingenieurbüro jedoch keine Meldung. 

Die Feldplanung der offenen Gebäudemutationen nimmt viel Zeit in Anspruch. Im Normallfall wird periodisch ein Übersichtsplan der offenen Objekte erstellt. Die Erstellung des Übersichtsplanes über alle offenen Nachführungen dauert zu lange. Er soll einfach via Tablet mit SIM-Karte direkt im WebGIS abgerufen werden können.

Kommunikationsfluss zwischen Gemeinde und Ingenieurbüro

Der Kontakt zu den Gemeinden ist heute beschränkt auf die Meldung der Baubewilligung und die Rückmeldung der erfolgten Schnurgerüstkontrolle. Über das WebGIS können die projektierten Gebäude und halbjährlich die im Werkkataster nachgeführten Leitungen abgefragt werden. Die Gemeinde kann den Status der noch nicht abgeschlossenen Arbeiten nur über eine telefonische Kontaktaufnahme erfragen und so kaum reagieren, sollte etwas im Prozess nicht optimal laufen.

Erschwerend kommt hinzu, dass es sich bei den Gemeinderäten in der Regel um keine im Bauwesen ausgebildeten Fachpersonen handelt und oft auch die Verwaltung mit dem Prozess überfordert ist.

Meldekonzept

Für das neue Meldekonzept wurden zwei grobe Varianten erarbeitet. Mittels einer Bewertungsmatrix wurde die Bestvariante evaluiert.

Abbildung: Bestvariante
  1. Ist die Baubewilligung erteilt, eröffnet die Gemeinde das Bauprojekt im WebGIS.
  2. Die schriftliche Bewilligung mit den gestempelten Plänen wird an das Ingenieurbüro per Mail oder Post gesandt. Diese führt das projektierte Gebäude in der amtlichen Vermessung nach.
  3. Ist die Baufreigabe erteilt, wird dies im WebGIS durch die Gemeinde eingetragen.
  4. Bei der Vorbereitung für die Schnurgerüstabsteckung wird im WebGIS durch den Sachbearbeiter des Ingenieurbüros überprüft, ob die Gemeinde eine Baufreigabe erteilt hat. Ist kein Eintrag vorhanden, muss die Gemeinde kontaktiert werden.
  5. Die Schnurgerüstkontrolle wird im WebGIS durch das Ingenieurbüro eingetragen. Das schriftliche Protokoll wird der Gemeinde per Post oder Mail zugesandt.
  6. Ist ein Werkleitungsmedium im Feld aufgenommen, wird dies durch das Ingenieurbüro im WebGIS vermerkt. Die Nachführung im Werkkataster muss innert 14 Tagen erfolgen, sodass das WebGIS aktuell gehalten ist.
  7. Hat die Gemeinde die Bauendabnahme durchgeführt, trägt sie dies im WebGIS ein. Dies ist das Startzeichen für die Nachführung der Baute in der amtlichen Vermessung.
  8. Ist die Gebäudemutation erledigt, wird es im WebGIS durch das Ingenieurbüro nachgeführt.
  9. Nach Abschluss aller Nachführungsprozesse wird des Status im WebGIS auf erledigt/abgeschlossen geändert und das Objekt verschwindet bei den pendenten Arbeiten.

Umsetzung und Visualisierung

Die Umsetzung erfolgt im WebGIS. Mit verschiedenen vordefinierten Filtermöglichkeiten soll im WebGIS auf einen Blick ersichtlich sein, wo ein Bauprojekt offen ist. Es soll nach Schnurgerüstkontrollen, offenen Werkleitungen, einzelnen Medien, Gebäudemutationen und nach den offenen oder abgeschlossenen Bauprojekten gefiltert werden können. Die Erfassung der Bauprojekte erfolgt über eine einfache Eingabemaske, bei welcher die Status der verschiedenen Themen stets aktualisiert werden können. Die Visualisierung eines Bauprojektes erfolgt mittels eines massstabsunabhängigen Kreissymbols, welches über den Filter gesteuert werden kann. Je nach Filterauswahl und Farbe des Kreissymbols wird der aktuelle Status des Themas sichtbar. Durch “Anfahren” des Symbols werden die Status der einzelnen Arbeitsprozesse detailliert im Tooltip aufgelistet und es kann einfach abgelesen werden, was noch nicht erledigt ist.

Abbildung: Kartendarstellung WebGIS

Weiterentwicklung

Der neue Prozess soll mit der internen Projektverwaltung verbunden, und somit die Daten des Ingenieurbüros automatisiert in das WebGIS übertragen werden. Auf Seiten des Ingenieurbüros könnte dann auf die zusätzliche Erfassung im WebGIS verzichtet werden.

Ein Upload der wichtigsten Dokumente direkt zum dazugehörigen Bauprojekt (z. B. der Baubewilligung, Projektänderungen, Schnurgerüstprotokoll etc.) ist ebenfalls denkbar. So wäre das aktuellste Dokument stets für alle am Prozess Verantwortlichen verfügbar.

Tabea Knöpfli
Geomatiktechnikerin FA
Holenstein Ingenieure AG
Franzosenstrasse 14
8253 Diessenhofen
tabea.knoepfli@h-ing.ch
052 646 20 26