Einstieg in die Kartengrafik

Wer eine berufliche Grundbildung zur Geomatikerin oder zum Geomatiker beim Bundesamt für Landestopografie swisstopo absolviert, wird in der Kartografie in über 30 Ausbildungsmodulen zu den Themen Kartengrafik, Generalisierung, Produktion und Projekte ausgebildet. Patrick Flückiger hat in seiner Diplomarbeit zum Geomatiktechniker mit eidgenössischem Fachausweis den Einstieg in die Kartengrafik anhand der Thematik Strassen und Wege mit aktuellsten Daten und technischen Möglichkeiten neu gedacht. 

Aktuelle Landeskarten

Seit 2013 werden die Landeskarten von swisstopo in der neuen Landeskartengrafik produziert. Das sichtbar neue Erscheinungsbild (siehe Abbildung 4) bringt im Hintergrund eine Vielzahl von neuen Arbeitsprozessen mit sich. Eine Karte wird beispielsweise nicht mehr ausschliesslich manuell digitalisiert, sondern im Digitalen Karten Modell (DKM) teilautomatisiert nachgeführt.
 Die bisherige Ausgestaltung des Moduls «Einstieg in die Kartengrafik» fokussiert auf die vorwiegend auf Handarbeit basierende Technik. Durch die Umstellung der Produktionssysteme mit der neuen Landeskarte werden die jungen Berufseinsteigerinnen und -einsteiger folglich mit dieser historisch gewachsenen statt mit der aktuellen Produktionsweise konfrontiert. Diese Differenz soll beseitigt werden. 

Die Aufgabenstellung

Das anspruchsvolle Spannungsfeld zwischen neuer Technik und stufengerechter Fachausbildung diente als Ausgangslage für die Diplomarbeit von Patrick Flückiger. In seiner Tätigkeit als Berufsbildner engagiert er sich für die Weiterentwicklung der Geomatik-Ausbildung von swisstopo. Es ist ihm ein Anliegen, den Lernenden die richtigen und zweckmässigen Werkzeuge von Beginn an mit auf den Weg zu geben. Das neue Ausbildungsmodul soll nicht im altbekannten Schema die neue Produktionsweise von Landeskarten vermitteln, sondern die neuen Techniken zusammen mit einer neuen Denkweise verknüpfen. Im Rahmen der Diplomarbeit wurden folgende Schwergewichte definiert: 

  • Aufzeigen von Schwachstellen durch die Analyse des aktuellen Ausbildungsprozesses.
  • Abstecken von Rahmenbedingungen und Anforderungen an die neuen Ausbildungsinhalte.
  • Erarbeiten von Ausbildungsmodul, Modulbeschrieb, Lektionenplan, Übungsanleitung und Übung.

Gegenwärtige Ausbildung

Die Ausbildung ist modular aufgebaut. Dies erleichtert den Umbau und die Erneuerung der einzelnen Inhalte erheblich. Jedes Modul besteht aus fünf Schritten (Abbildung 1):

  1. Modulbeschrieb besprechen,
  2. Theorie erarbeiten,
  3. Übung bearbeiten,
  4. Selbstreflexion schreiben und
  5. Rückmeldung integrieren.

 In individuellen Gesprächen mit den Lernenden wurde klar, dass das schrittweise Erlernen von einzelnen Kartenelementen zu Beginn der Ausbildung sehr geschätzt wird. Die Lernenden möchten auch sehr gerne und sehr schnell in die produktive Arbeit integriert werden. Von den Berufsbildnern wurde hauptsächlich der Grad der Selbständigkeit der Lernenden diskutiert. Möglicherweise lässt die strikte Gliederung der Module in fünf Schritte zu wenig Spielraum für individuelle Lernfortschritte. Dabei gilt es, Anpassungen vorzunehmen und diese so umzusetzen, dass die Lernenden selbständiger arbeiten können, ohne dass die langfristigen Ziele und Qualitätsvorgaben gefährdet werden. Das Landeskartenwerk soll auch in Zukunft in gleichbleibender Qualität flächendeckend über die Schweiz nachgeführt werden können. Diese Änderungen sind mit viel Aufwand verbunden und verlangen ein Umstrukturieren der Ausbildungsgrundlagen. 

Rahmenbedingungen und Anforderungen

Folgenden Grundsätze wurden für die zukünftige Stossrichtung definiert:

  • Fokus auf Bedürfnisse potenzieller Arbeitgeber,
  • Einsatz digitaler Lernformen und Methodenvielfalt,
  • Förderung der Selbständigkeit und Eigenverantwortung der Lernenden,
  • Raum für Individualität und
  • Anreiz für Versuche und Scheitern.

 Die Kreativitätstechnik morphologische Matrix (siehe Abbildung 2) eignete sich optimal, um bei der Variantenerstellung strukturiert vorzugehen sowie die Inhalte und Anforderungen an das neue Modul festzulegen. Diese ermöglicht es, Parameter sowie deren jeweilige Ausprägungen zu definieren. Die Ausprägungen können anschliessend beliebig miteinander verbunden werden. Der Variantenvielfalt sind somit kaum Grenzen gesetzt.  Aus der intensiven Diskussion mit dem Leiter Berufsbildung Geomatik von swisstopo entstand zuerst die Frage, welche Systeme zukünftig benötigt werden. Daraus ging eine noch viel subtilere Fragestellung hervor: Was wird auf dem Arbeitsmarkt von einer Geomatikerin oder einem Geomatiker erwartet, welche Kompetenzen sind wichtig? Ist es die visuelle Gestaltung mittels CAD oder sind es die Fähigkeiten, Geodaten mittels GIS zu erstellen, zu bearbeiten und auszugeben? Die Fragestellung war nicht Teil der hier beschriebenen Diplomarbeit. Sie ist aber von strategischer Relevanz und wird das Leitungsteam Berufsbildung Geomatik weiterhin beschäftigen. 

Ergebnis

Aus der Analyse der Inhalte aus der morphologischen Matrix wurde die Leittextmethode als favorisierte Ausbildungsmethode definiert. Mit der ausgewählten Ausbildungsdidaktik «Selbständigkeitsfördernd» eignet sich die Leittextmethode hervorragend für die Erarbeitung des neuen Moduls. Wie die Leittextmethode angewendet und geschrieben wird, wurde aus der Dokumentation des Berufsbildnerkurses[ 2015 im Rahmen der Ausbildung zum Geomatiktechniker/in mit eidg. FA entnommen und entsprechend angelehnt. 

  1. Überblick und Vorgehen
  2. Symbolisieren eines Zeichenschlüssels
  3. Vergleichen von Daten
  4. Kartografische Probleme erkennen
  5. Korrigieren von kartografischen Problemen
  6. Lösungspräsentation und Bewertung

 Diese sechs Aufgaben ergeben den Rahmen für die Leitfragen und somit den roten Faden für die Bearbeitung der Übung. Ziele der Übung sind wie folgt formuliert:Vertrautheit im Umgang mit den Strassensignaturen der Landeskarte. Die kartografischen Grundsätze sind bekannt, einfache kartografische Probleme bezüglich des Verkehrsnetzes werden erkannt und können korrekt gelöst werden.Schwergewichtiges Thema ist das Verständnis von kartografischen Problemen, das Kennen und richtige Symbolisieren der Signaturen, sowie das Konstruieren von Lösungen der Strassensignaturen. Abbildung 3 zeigt drei Zwischenstände der Übung. Bezüglich der Software ArcMap von Esri und Adobe Illustrator mit MAPublisher müssen folgende Punkte verstanden werden: 

  • Prinzip der Ebenenstruktur,
  • Umgang mit Grafikstilen (Erstellung, Verwaltung),
  • Umgang mit den wichtigsten Werkzeugen.

Ausblick und Fazit

Die Diplomarbeit liefert eine wertvolle Grundlage für das zukünftige Erstellen von Ausbildungsunterlagen. Es wurden strategische Themen angestossen sowie Lücken und Schwachstellen des operativen Arbeitens entdeckt, die nun diskutiert und umgesetzt werden. Patrick Flückiger freut sich über den erarbeiteten Mehrwert seiner Arbeit. Besonders der gewählte Weg zur Umsetzung bestätigt sein Anliegen, den jungen Berufseinsteigerinnen und -einsteigern einen vollen Rucksack mit nützlichen Werkzeugen mit auf den Weg zugeben. Ein weiterer Schritt in die Zukunft der Geomatik. 

Kontakt:
Patrick Flückiger
swisstopo
Seftigenstrasse 264
CH-3084 Wabern 
patrick.flueckiger@swisstopo.ch
058 469 01 72